Publius Cornelius Tacitus
wurde um 55 n.Chr. in Südgallien geboren. Über die ersten 30 Jahre seines Lebens wissen wir so gut wie nichts. Das erste gesicherte Datum ist 68 n.Chr., das Jahr, in dem er Prätor war; wenn man einen normalen cursus honorum (Ämterlaufbahn) voraussetzt, muß er 81 oder 82 Quästor, etwa 84 Ädil oder Volkstribun gewesen sein. Seit 77 muß er mit der Tochter des Ritters Cu. Iulius Agricola verheiratet gewesen sein, wie sich nur mit viel Mühe aus seinen eigenen Angaben im "Agricola" rekonstruieren läßt. Im Jahre 97 erst war Tacitus Konsul, ab 98, dem Regierungsantritt Trajans, konnte er es wagen, ohne Gefahr für Leib und Leben seine schriftstellerische Tätigkeit zu beginnen. 112/113 war er Statthalter der Provinz Asia, der angesehendsten senatorischen Provinz (identisch mit dem westlichen Teil der heutigen Türkei). Die letzten Hinweise über ihn gibt es aus dem Jahre 116, so daß man also sicher nur sagen kann, daß er nicht vor 116 gestorben sein kann, mehr nicht. Dieser wohl nach Thukydides bedeutendste Historiker der Antike war eng mit Plinius dem Jüngeren befreundet, wie dieser war auch er ein bedeutender Redner.
Seine Werke:
1. De vita lulii Agricolae
Eine Biographie seines Schwiegervaters aus dem Jahre 99.
2. Dialogus de oratoribus
Kurz darauf entstanden. In beiden Werken wird der Verfall der Redekunst durch den Wandel von der libera res publica zum principatus, also von der Republik zur Monarchie, begründet. Gleichzeitig mit dem Dialogus entstand das erste Hauptwerk der Annalistik, die ...
3. Historien,
in der Tacitus die von ihm selbst erlebte Zeit der Herrschaft der Flavierkaiser (Vespasian, Titus, Domitian) schildert, die aus guten Anfängen zu einer Willkürherrschaft sondergleichen ausartete. Erhalten sind nur die ersten 4 1/2 Bücher für die Zeit 69/70. Sein Alterswerk bilden die ...
4. Annalen,
das 2. Hauptwerk der Annalistik, in der die Zeit der julisch-claudischen Dynastie "ab excessu Divi Augusti", also "Vom Hinscheiden des göttlichen Augustus an" dargestellt wird, also die Jahre 14 - 68 (Tiberius, Caligula, Claudius, Nero): vollständig erhalten sind nur die Bücher über Tiberius und über die Zeit 47 - 66, der Rest ist entweder unvollständig erhalten oder ganz verlorengegangen. Beide Werke sind geprägt von der Resignation des Autors über den untergang der libera res publica zugunsten des Prinzipats mit allen seinen Schattenseiten; in erster Linie berücksichtigt er dabei die Kaiser und die Kaiserstadt Rom selbst, weniger das Reich und die Provinzen. Handlungsweise und Charakter seiner Personen erklärt er stets psychologisch, die Schreibweise ist geprägt von unglaublichen Ellipsen und einer absoluten Meisterschaft auf dem Sektor der Inkonzinnität (bewusste Vermeidung parallelen Satzbaus). Schon 98 hatte Tacitus seine einzige Monographie
5. "De origine et situ Germanorum" , kurz Germania genannt,
geschrieben, die gleichzeitig die einzige römische Ethnographie darstellt: ihre Veröffentlichung Ende 98 war sogar ein bescheidener literarischer Erfolg. Sie ist das wichtigste Zeugnis schriftlicher Art über Altgermanien, betont v.a. die unterschiede zwischen Germanen und Römern. Die Kapitel 1 - 27 bilden dabei die für uns überhaupt relevanten Kapitel, da sie allgemein über Leben, Sitten und Einrichtungen der Germanen berichten, die Kapitel 28 - 46 berichten über einzelne Germanenstämme, wobei das Schablonenhafte überwiegt und deshalb für eine Lektüre kaum in Betracht kommt: Tacitus verfährt überall nach dem Grundsatz "In der Kürze liegt die Würze".